SPD Frauen

Baden-Württemberg

Frauenpolitische Schwerpunkte 2016

Mehr Respekt – Mehr Gerechtigkeit – Mehr Unterstützung

Wir leben in einer modernen und weltoffenen Gesellschaft. Eine wesentliche Grundlage dafür ist die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, für die sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit mehr als 150 Jahren einsetzen. Sie ist festgeschrieben in Artikel 3 unseres Grundgesetzes und eine zentrale Antriebsfeder für sozialdemokratische Politik. Frauen haben in diesem Land schon viel erreicht. Doch trotz rechtlicher Gleichstellung ist die tatsächliche Gleichstellung immer noch nicht vollständig erreicht. Es gibt immer noch viele Ungerechtigkeiten – sowohl in der Arbeitswelt als auch im gesellschaftlichen Miteinander. Immer noch verdienen Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger als Männer. Immer noch fehlen Aufstiegschancen vor allem in den Berufen, die von Frauen ausgeübt werden. Immer noch sind gesetzliche Rahmenbedingungen auf alte Rollenmuster ausgelegt. Und immer noch werden Frauen Opfer von sexueller Gewalt.

Die meisten Männer und Frauen wünschen sich ein gleichberechtigtes Miteinander und leben es selbstverständlich im Alltag. Ihr Lebensalltag ist oft moderner als noch so manche politische Debatte. Diese Menschen wollen wir mit unserer Politik unterstützen.
Nach den Übergriffen auf Frauen in der Kölner Silvesternacht hat die Diskussion über das Geschlechterverhältnis in unserer Gesellschaft an Fahrt aufgenommen. Dabei gilt: Sexuelle Gewalt gibt es nicht nur von Ausländern gegenüber Frauen, sondern in allen Teilen unserer Gesellschaft und unter Deutschen. Deshalb hat der SPD - Bundesjustizminister Heiko Maas schon vor Monaten einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz von Frauen vorgelegt. Der Widerstand von CDU/CSU dagegen ist mehr als unverständlich und muss überwunden werden.

Das Grundrecht der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in unserem Land ist nicht verhandelbar. Es ist von allen zu akzeptieren – egal welcher Herkunft. Für uns ist die Beachtung dieses Grundrechts eine Trennungslinie zwischen denen, die hier Schutz und Unterstützung erhalten und denjenigen, die ihr Asyl- und Gastrecht missbrauchen, bis hin zu der Konsequenz, dass sie es bei straffälligem Verhalten verwirken.

Wir stehen vor einer Vielzahl von Aufgaben. Angesichts der Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen, der außenpolitischen Konflikte und der Krise Europas leisten Frauen einen erheblichen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Ihr Einsatz, ihre unterschiedlichen Lebensentwürfe, ihre Hoffnungen verlangen mehr Gerechtigkeit, Respekt und Unterstützung. Erforderlich sind reale Verbesserungen, mit rein rhetorischer Unterstützung ist es nicht getan. So ist die Integration von Frauen der Schlüssel für eine gelingende Integrationspolitik. Spracherwerb, der Zugang zu Integrationskursen und zum Arbeitsmarkt müssen für Frauen genauso gesichert sein wie für Männer und dürfen nicht an fehlender Kinderbetreuung scheitern.

In den vergangenen zwei Jahren ist es der SPD gelungen, einen politischen Perspektivwechsel zu erreichen und die Belange der Frauen in den Mittelpunkt zu rücken. CDU/CSU haben dagegen erbitterten Widerstand geleistet und zentrale Reformprojekte lange blockiert – und tun es immer noch -, obwohl sie Bestandteil der gemeinsamen Koalitionsvereinbarung waren.

Wir haben die Belange von Frauen in den Mittelpunkt gerückt:

  • Von der Einführung des Mindestlohns profitieren vor allem Frauen, denn sie sind häufiger von Niedriglöhnen betroffen. Während 2012 rund 14 Prozent der abhängig beschäftigten Männer weniger als 8,50 Euro verdienten, war es bei den Frauen fast jede Vierte.
     
  • Mit der Frauenquote in der Privatwirtschaft haben wir einen Kulturwandel in der Arbeitswelt eingeleitet. Seit dem 1. Januar 2016 gilt die fixe Geschlechterquote von 30 Prozent für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in etwa 100 großen Unternehmen. Rund 3500 weitere Unternehmen sind verpflichtet, sich eigene Zielgrößen in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen zu geben. Und auch im öffentlichen Dienst gilt die Quote.
     
  • Die meisten Frauen und Männer wollen sich heute gemeinsam um das Kind kümmern und dabei nicht auf Berufstätigkeit verzichten müssen. Dabei unterstützt sie das neue ElterngeldPlus. Es fördert die Partnerschaftlichkeit zwischen in der Familie und orientiert sich damit an den Wünschen junger Paare.
     
  • Mit besseren Leistungen durch die beiden Pflegestärkungsgesetze sowie mit flexibleren Arbeitszeiten durch das Pflegezeit- und das Familienpflegezeitgesetz unterstützen wir sowohl die Pflegebedürftigen als auch ihre Angehörigen. Das sind immer noch zum größten Teil Frauen.

Diesen Weg der gesellschaftlichen Modernisierung werden wir auch in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode konsequent weiterverfolgen. Dafür haben wir uns viel vorgenommen:

Gerechtigkeit in der Arbeitswelt schaffen:

1.) Lohnlücke zwischen Frauen und Männern schließen: Lohngerechtigkeitsgesetz
2.) Soziale Berufe aufwerten: Pflegeberufegesetz / Lohngerechtigkeitsgesetz
3.) Missbrauch verhindern: Gesetz zu Leiharbeit und Werkverträgen (im Dienstleistungssektor sind Frauen überdurchschnittlich von diesen prekären Formen der Beschäftigung betroffen)
4.) Lebensleistung in der Rente besser honorieren: Gerade Frauen arbeiten häufig im Niedriglohnsektor. Das Ergebnis sind oft Renten, die selbst nach Jahrzehnten der Arbeit niedriger sind als die Sozialhilfe für Menschen, die nie gearbeitet haben. Das muss sich ändern.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern:

1.) Mehr Zeit für die Familie schaffen: Familienarbeitszeit
2.) Mehr Flexibilität ermöglichen: Rückkehrrecht in vorherige Arbeitszeit
3.) Kita-Ausbau weiter vorantreiben
4.) Neues Ganztagsschulprogramm
5.) Chancen neuer digitaler Arbeitsformen nutzen: Arbeiten 4.0 – von der Präsenzkultur zur Ergebniskultur
6.) Den Unterhaltsvorschuss ausbauen: Gerade alleinerziehende Mütter sind auf Unterhaltsvorschüsse angewiesen. Es ist völlig unverständlich, dass dieser Unterhaltsvorschuss gerade dann endet – mit dem Kindesalter von 12 Jahren – wenn die Kosten für den Unterhalt steigen.

Frauen im Beruf und in der Wirtschaft stärken:

1.) Existenzgründerinnen fördern
2.) Geflüchtete Frauen in die Arbeitswelt integrieren (Zugang zu und Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen sowie Arbeitsmarktmaßnahmen, Wiedereinführung von Kinderbetreuung bei Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen)
3.) Programme für langzeitarbeitslose Frauen, insbesondere Alleinerziehende

Frauen vor Gewalt schützen

1.) Reform der Strafbarkeit der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung (§177 StGB) und Reform des Sexualstrafrechts
2.) Umfassendes Schutzkonzept für geflüchtete Frauen und Kinder
3.) Reform Stalking
4.) Hilfe und Beratung durch das Frauenhilfetelefon sowie die örtlichen Beratungsstellen und Frauennotrufe.
5.) Zugang für geflüchtete Frauen zum Hilfesystem (z.B. zu Beratungsstellen oder Frauenhäusern) unabhängig von ihrem eigenen Asylstatus und eigenständiges Aufenthaltsrecht bei häuslicher Gewalt

Respekt im Alltag verschaffen, Geschlechterbild modernisieren

1.) Jungen und Mädchen schon in der Schule mit modernen Rollenbildern der Gleichstellung von Frauen und Männern vertraut machen
2.) Thema Gleichberechtigung zum Schwerpunktthema von Integrationskursen machen
3.) Das Steuerrecht durch das sozialdemokratische Familiensplitting modernisieren
4.) Verbot geschlechterdiskriminierender Werbung
5.) Öffnung der Ehe für alle

Frauenrechte international stärken

1.) Frauenförderung, Frauenrechte und Schutz von Frauen als ein Fokus unserer Außenpolitik (Stabilisierungsprojekte in Krisengebieten speziell für Frauen, Einbeziehung in Friedensprozesse, Berufung einer Genderbeauftragten als persönliche Beauftragte des OSZE-Vorsitzes, etc.)
2.) Konsequente Umsetzung der Aktionsplattform der Weltfrauenkonferenz in Peking und der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung
3.) Umsetzung der VN-Resolution Frauen, Frieden Sicherheit (Fortschreibung Nationaler Aktionsplan, Implementierung in Projekten weltweit)
4.) Internationales frauenpolitisches Engagement (Deutschland übernimmt Vizevorsitz in der VN-Frauenrechtskommission und Vizevorsitz im Exekutivrat von UN Women)
5.) Förderung von Frauen in internationalen Führungspositionen
6.) Neuauflage der EU-Gleichstellungsstrategie

(Beschluss des SPD-Parteivorstandes bei der Klausur am 17./18. Januar 2016)