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Baden-Württemberg

Partei und Demokratie

Veröffentlicht am 29.09.2009 in Allgemein

Wahlmüdigkeit in der Bevölkung und Mitgliederschwund bei den Parteien stellen unsere Demokratie in Frage. Was ist zu tun, damit die Demokratie auf den Füßen bleibt?

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ Dieser Satz im Grundgesetz bedeutet, dass Staatsgewalt ausschließlich ausgeübt werden darf, wenn das Volk vorher beschlossen hat, dass und auf welche Art und Weise - d.h. von wem, wie und wann - Staatsgewalt ausgeübt werden darf. Das Volk bestimmt die Regeln im Staat, es ist der Souverän. „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Das Grundgesetz hat den Parteien in unserer Demokratie eine wichtige Aufgabe zugeteilt. Was ist daraus geworden? Wenn wir uns in Deutschland umschauen, stellen wir fest, dass es bedeutet, dass tatsächlich alle Staatsgewalt von den Parteien ausgeht. Die Parteien in Deutschland bestimmen nicht nur, wer Kanzlerin oder Kanzler wird, sie bestimmen tatsächlich auch, wer in den Parlamenten sitzt, wer Bundespräsident wird und oft genug auch, wer wichtige Behörden führt. Ist Deutschland unter diesen Umständen nicht eher eine „Parteikratie“ als eine Demokratie? Die Antwort hängt davon ab, ob die Parteien die ihnen zugedachte Aufgabe richtig wahrnehmen und in ihrer Politik den Willen des Volkes vermitteln, davon, ob Volk und Volksparteien auf einander hören und sich gegenseitig verstehen und ob die Interessen der Parteien dieselben sind wie die der Bürger, die sie gewählt haben. Nur wenn diese Fragen bejahen werden können ist unsere Parteiendemokratie eine Demokratie und keine Oligarchie, d.h. es herrscht das Volkes und nicht nur eine kleine Gruppe. Dann ist auch davon auszugehen, dass Volk (Bürger) und Parteien (Politiker) Respekt und Achtung voreinander empfinden. Wenn allerdings die einen die anderen jeweils für dumm und faul halten, steht zu befürchen, dass im Verhältnis zwischen Volk und Partei etwas nicht stimmt. Dann ist es nicht verwunderlich, wenn Bürger nicht mehr wählen gehen und sich von Parteien fernhalten. Die Diagnose, dass Parteien Mitglieder verlieren und nicht mehr gewählt werden, weil sie sich zu weit von dem Volk entfernt haben ist nicht neu, sie wurde schon früher gestellt. Aber wie sieht die Therapie aus? Auch die Antwort ist nicht neu: Die Partei, ernstgenommen werden und gewählt werden will, muss auf das Volk zugehen und die Interessen des Volkes vor die eigenen Parteiinteressen stellen. Das erfordert Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit. Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit sind keine typischen menschlichen Eingeschaften und sie von Menschen zu fordern, die eine Partei führen, ist vielleicht unrealistisch. Aber jedem Mitglied und jedem Funktionär einer Partei muss klar sein, dass die Partei nicht um ihrer Selbst willen besteht, sondern ein Mittel zum Erreichen eines anderen Zweckes ist. Bei uns ist das u.a. die Verwirklichung der Demokratie. Mittel und Zweck müssen wieder in die richtige Reihenfolge gebracht werden, Volk und Partei müssen wieder näher zusammen gebracht werden. Das setzt voraus, dass eine Seite umkehrt. Und da in einer Demokratie das Volk der Souverän ist, ist es Sache der Partei umzukehren und zum Volk zurückzukehren. Das kann nur dann gelingen, wenn die Partei bereit ist, ihren Mitgliedern wieder Einfluss und dem Volk wieder die Staatsgewalt zu überlassen. Ein erster Schritt dazu ist es, in allen wichtigen Fragen die Parteibasis entscheiden zu lassen und zwar nicht auf Parteitagen und über Delegierte, sondern direkt. Dann trägt jedes Parteimitglied Verantwortung, dann hat es Sinn, sich einer Partei anzuschließen, sich als Parteimitglied zu informieren, über Sinn und Unsinn einer Regelung mit anderen zu diskutieren und sich für eine bestimmte Lösung an der Basis zu engagieren. Ein weiterer Schritt ist es, die Möglichkeiten direkter Bürgerbeteiligung in der Politik zu erweitern. Das sollte mehr Lust auf Politik machen, als die heute von vielen empfundene Hilflosigkeit. Lust auf Politik und Lust auf Demokratie!